Deutsch Britische Mission Ruanda 2013

Bericht des deutsch/britischen Teams in Nyamata und Remera Rukoma

Ruanda – ein Land im Aufbruch: nach dem Völkermord vor fast 2 Jahrzehnten, dem nach Schätzungen bis zu 1 Million Menschen zum Opfer gefallen sind, hat das Land sich in den letzten Jahren rasant verändert. Als eines der Länder mit dem niedrigsten Korruptionsindex in Afrika vermeldet Ruanda ein enormes Wirtschaftswachstum. Ruanda hat aber unter anderem auch eine Schulpflicht für alle Kinder eingeführt. Die Regierung um Präsident Kagame unternimmt im Rahmen des Programmes 2020 große Anstrengungen auf dem Gebiet der Geburtenkontrolle, der Energiegewinnung und des Umweltschutzes. Innerhalb von wenigen Jahren ist ein revolutionäres Gesundheitssystem eingeführt worden. Jeder Bürger zahlt einen geringen Beitrag zur Krankenkasse und jeder! erhält dafür eine medizinische Grundversorgung. Dennoch gibt es noch viele Probleme zu lösen. Für die 12 Millionen Einwohner gibt es lediglich 221 Ärzte (0,2 Ärzte je 10 000 Einwohner zum Vergleich in Deutschland sind es 36 Ärzte je 10 000 Einwohner) und 4050 Krankenschwestern (*World Health Statistics 2012).

Nach dem Sondierungsbesuch von Dr. Chris Oppong im Februar 2012 entstand der Wunsch dieses beispielhafte Land zu unterstützen und regelmäßige humanitäre Einsätze in dieses Land auch mit OperationHernia zu organisieren.

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Das Team

Eine erste größere 12 köpfige deutsch/britische Mission führte uns daher in der Zeit vom 08. bis 18. Februar 2013 in 2 regionale Krankenhäuser nach Nyamata und Remera Rukoma in Ruanda.

Ein erstes Team bestand aus den Chirurgen Dr. Ralph Lorenz und Dr. Jens Heidel aus Berlin, der Anaesthesistin Dr. Maral Miller aus Berlin und den beiden OP- Schwestern Ines Kuhl und Peggy Grassmann ebenso aus Berlin und arbeitete im Nyamata Hospital

Ein zweites internationales Team bestand aus den Chirurgen Dr. Chris Oppong aus Plymouth, Dr. Karl Spitzer aus München und Dr. Christine Kosch aus Berlin, der Anaesthesistin Dr. Petra Wölkerling aus Berlin, den OP-Schwestern Helena Azevedo und Sandra Gess aus Plymouth und der Anaesthesieschwester Carolin Dauksch aus Berlin und arbeitete im Remera Rukoma Hospital.

Die befürchteten Probleme beim check in der 24 Kisten Übergepäck (ca.500 kg) blieben ebenso aus wie Zollprobleme bei der Einreise in Ruanda. Ein großer Dank gebührt der Fluggesellschaft Brussel Airlines die uns bei Buchung und Durchführung des Transportes unkompliziert unterstützte. Die einzige Überraschung war, dass wir bei der Ankunft in Kigali noch auf dem Flughafen sämtliche Plastikfolien zum Schutz der Kartons wieder entfernen mussten. In Ruanda ist per Gesetz jegliche Einfuhr von Plastikverpackungen und Plastiktüten verboten, was sich auf höchst angenehme Weise auch im Straßenbild widerspiegelt- kein Plastikmüll säumt die Straßen in Ruanda!

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Die gepackten Kisten in Berlin

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Transport nach Nyamata

Im Vorfeld koordinierte Pastor Osee von der Hilfsorganisation Legacy of Hope unseren Einsatz und empfing uns am Flughafen. Beide Teams wurden vor und nach dem humanitären Einsatz in einem Gästehaus in Kigali untergebracht. An dieser Stelle sei Pastor Osee und seinen zahlreichen Mitarbeitern der Hilfsorganisation nochmals ganz herzlich für die perfekte Zusammenarbeit gedankt.

Wir danken ebenso der Botschafterin Ruandas in Deutschland Frau Christine Nkuliyinka für ihre Unterstützung des Projektes.

Die ersten beiden Tage waren zur Akklimatisierung und Teamfindung angedacht. Bereits am Samstag besuchten wir gemeinsam beide Hospitäler um letzte Vorbereitungen für den Arbeitsbeginn am Montag zu treffen. Am Sonntag besuchte das gesamte Team auf Einladung des CEO Dr. Butera das größte und Vorzeigehospital in Ruanda das King Faisal Hospital in Kigali. Wir waren über die Ausstattung sehr beeindruckt.

Am Montag früh begannen wir mit der eigentlichen Arbeit in 2 Teams im Nyamata Hospital und in Remera Rukoma Hospital. Wir operierten von morgens 8 bis abends 8 soviel wir in dieser Zeit schaffen konnten. Es waren viele Patienten auf den Wartelisten. Die Unterbringung der OP- Teams erfolgte jeweils in einfachen aber gepflegten Gästehäusern in der Nähe der Hospitäler. An dieser Stelle möchten wir den regionalen Verantwortlichen, den Schwestern und Pflegern in den beiden Krankenhäusern unter der Leitung und Koordination von Dr. Alfred Rutagengwa als ärztlicher Direktor des Nyamata Hospitals und Dr. Kalinda Viateur als ärztlicher Direktor des Remera Rukoma Hospitals für die perfekte Vorbereitung sehr herzlich danken.

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OP Saal um Remera Rukoma Hospital

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Dr. Jens Heidel und Dr. Nzeyimana Jean Berchmans im Nyamata Hospital

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OP Pfleger Mugenzi Juvenal /Sr. Peggy Grassmann – Sr. Ines Kuhl

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Die chirurgische Station im Nyamata Hospital

Die Statistik ergab 95 Operationen an 78 Patienten in 5 Tagen:

Insgesamt 72 Leistenhernien, davon 20 kindliche Hernien und 17 Inguinoscrotalhernien wurden operiert. In einem Fall erfolgte bei Inkarzeration des Dünndarmes mit bereits chronischem Abszess eine notfallmäßige Dünndarmteilresektion.

Darüber hinaus wurden 10 Ventralhernien (epigastrische, umbilicale und Narbenhernien) sowie 14 Hydrozelen operiert.

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Das OP Team im Nyamata Hospital

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Das Team im Remera Rukoma Hospital

Viele Patienten bis auf die jüngeren Patienten wurden mit Netz versorgt. Wir konnten dabei dank der großzügigen Firmenspenden in allen Fällen Originalnetze verwenden. Alle derzeit möglichen offenen OP-Techniken wie SHOULDICE, LICHTENSTEIN, Plug and Patch und TIPP kamen dabei zum Einsatz. Die OP- Befunde waren mit europäischen Maßstäben in der Regel nicht zu vergleichen. Die überwiegende Mehrheit der Leistenhernien waren indirekte Hernien.

Als Anaesthesieverfahren wurde meist eine Allgemeinnarkose mit Larynxmaske angewendet. In einigen Fällen wurde jedoch auch in Lokalanaesthesie bzw. Spinalanaesthesie operiert. Die Mehrzahl der Patienten wurde aufgrund der weiten Anfahrtswege in der Regel stationär im Hospital aufgenommen. In Remera Rukoma konnten wegen der starken Regenfälle einige der avisierten Patienten aufgrund der unmöglichen Anreise das Krankenhaus nicht erreichen und somit nicht operiert werden.

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Dr. Maral Miller

Alle Operationen verliefen komplikationslos, alle Patienten konnten noch während unseres Aufenthaltes aus den Krankenhäusern entlassen werden.

Die Nachhaltigkeit der Mission bestand nicht nur darin, möglichst viele Medizingeräte, Verbrauchsmaterialien und chirurgische Instrumente vor Ort zu lassen, welche die Chirurgen jetzt verwenden können sondern vor allem auch in der Ausbildung der Kollegen vor Ort. Nicht nur die regional tätigen Chirurgen konnten step by step an moderne Operationstechniken herangeführt werden. Auch die Anaesthesisten wurden systematisch durch unsere Anaesthesistinnen Maral und Petra ausgebildet. Nicht zuletzt hat auch das Pflegepersonal viele Tips und Tricks weitergeben können. Es war ein sehr angenehmes Miteinander in diesen neuen gemischten OP- Teams aus Ruandischen und Deutsch-Britischen Kollegen. Dr. Elda Balikwisha eine der jungen chirurgischen Weiterbildungsassistenzärztinnen am Nyamata Hopsital führte am Ende der Woche souverän eine Leistenhernienoperation nach LICHTENSTEIN mit europäischer Supervision durch – ein schöner Erfolg!

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Dr. Ralph Lorenz und Dr. Elda Balikwisha

Nach der Rückkehr in Kigali gab es noch zwei herausragenden Begegnungen: Ein Treffen mit dem Präsidenten der Chirurgischen Gesellschaft Ruandas Dr. Emile Rwamasirabo entwickelte die Vision von einer Intensivierung der Zusammenarbeit. So könnte möglicherweise bei einem nächsten humanitären Einsatz ein Hernienworkshop für alle Chirurgen Ruandas organisiert werden.

Einen überaus feierlichen und emotional berührenden Abschluss fand der humanitäre Einsatz im Rahmen eines großen Gottesdienstes in Kigali.

Nach dieser arbeitsintensiven Woche konnte die deutschen Teammitglieder im Rahmen einer kurzen Rundreise die überwältigende Schönheit des Landes noch kennenlernen.

Ohne die großzügige Unterstützung von zahlreichen privaten aber auch Firmenspenden sowie dem herausragenden und selbstlosen Engagement der Teammitglieder wäre dieser Einsatz undenkbar gewesen. Der großartige Erfolg dieser Mission wurde auch durch die hervorzuhebende Teamfähigkeit jedes Einzelnen ermöglicht.

Wir haben unzählige positive Eindrücke durch diese humanitäre Arbeit in Ruanda erhalten. Am emotional berührendsten war sicher die tiefe Dankbarkeit und Wertschätzung der Patienten aber auch der Schwestern und Krankenhausmitarbeiter zu spüren. Innerhalb einer Woche ist so eine persönliche und kollegiale Partnerschaft entstanden. Alle Teammitglieder äußerten beim nächsten humanitären Einsatz in Ruanda wieder dabei zu sein.

Wir sind zutiefst dankbar und freuen uns auf ein Wiedersehen in Ruanda!

Ralph Lorenz für das Team Germany /U.K. im März 2013